Familienrecht / Scheidungsrecht

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Rudolf Holztrattner

Düsseldorfer Tabelle**

Stand 1. Januar 2022, alle Beträge in Euro

A. Kindesunterhalt

 

 

**Die neue Tabelle nebst Anmerkungen beruht auf Koordinierungsgesprächen, die unter Beteiligung aller Oberlandesgerichte und der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages e.V. stattgefunden haben. 

Anmerkungen:
1. Die Tabelle hat keine Gesetzeskraft, sondern stellt eine Richtlinie dar. Sie weist den monatlichen Unterhaltsbedarf aus, bezogen auf zwei Unterhaltsberechtigte, ohne Rücksicht auf den Rang. Der Bedarf ist nicht identisch mit dem Zahlbetrag; dieser ergibt sich unter Berücksichtigung der nachfolgenden Anmerkungen. 

Bei einer größeren/geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter können Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in niedrigere/höhere Gruppen angemessen sein. Anmerkung 6 ist zu beachten. Zur Deckung des Mindestbedarfs aller Beteiligten – einschließlich des Ehegatten – ist gegebenenfalls eine Herabstufung bis in die unterste Tabellengruppe vorzunehmen. Reicht das verfügbare Einkommen auch dann nicht aus, setzt sich der Vorrang der Kinder im Sinne von Anm. 5 Abs. 1 durch. Gegebenenfalls erfolgt zwischen den erstrangigen Unterhaltsberechtigten eine Mangelberechnung nach Abschnitt C. 

2. Die Richtsätze der 1. Einkommensgruppe entsprechen dem Mindestbedarf gemäß der Vierten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 30.11.2021 (BGBl. 2021 I 5066). Der Prozentsatz drückt die Steigerung des Richtsatzes der jeweiligen Einkommensgruppe gegenüber dem Mindestbedarf (= 1. Einkommensgruppe) aus. Die durch Multiplikation des gerundeten Mindestbedarfs mit dem Prozentsatz errechneten Beträge sind entsprechend § 1612a Absatz 2 Satz 2 BGB aufgerundet. 

Bei volljährigen Kindern, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, bemisst sich der Unterhalt nach der 4. Altersstufe der Tabelle. 

3. Berufsbedingte Aufwendungen, die sich von den privaten Lebenshaltungskosten nach objektiven Merkmalen eindeutig abgrenzen lassen, sind vom Einkommen abzuziehen, wobei bei entsprechenden Anhaltspunkten eine Pauschale von 5 % des Nettoeinkommens – mindestens 50 EUR, bei geringfügiger Teilzeitarbeit auch weniger, und höchstens 150 EUR monatlich – geschätzt werden kann. Bei Geltendmachung die Pauschale übersteigender Aufwendungen sind diese insgesamt nachzuweisen. 

4. Berücksichtigungsfähige Schulden sind in der Regel vom Einkommen abzuziehen. 

5. Der notwendige Eigenbedarf (Selbstbehalt) 

– gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern, 

– gegenüber volljährigen unverheirateten Kindern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, die im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden, beträgt beim nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 960 EUR, beim erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 1.160 EUR. Hierin sind bis 430 EUR für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten. 

Der angemessene Eigenbedarf, insbesondere gegenüber anderen volljährigen Kindern, beträgt in der Regel mindestens monatlich 1.400 EUR. Darin ist eine Warmmiete bis 550 EUR enthalten. 

Der notwendige bzw. der angemessene Eigenbedarf sollen erhöht werden, wenn die Wohnkosten (Warmmiete) 430 EUR (notwendiger Eigenbedarf) bzw. 550 EUR (angemessener Eigenbedarf) übersteigen und nicht unangemessen sind. 

6. Der Bedarfskontrollbetrag des Unterhaltspflichtigen ab Gruppe 2 ist nicht identisch mit dem Eigenbedarf. Er soll eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem Unterhaltspflichtigen und den unterhaltsberechtigten Kindern gewährleisten. Wird er unter Berücksichtigung auch anderer Unterhaltspflichten unterschritten, ist der Tabellenbetrag der nächst niedrigeren Gruppe, deren Bedarfskontrollbetrag nicht unterschritten wird, anzusetzen. 

7. Der angemessene Gesamtunterhaltsbedarf eines studierenden Kindes, das nicht bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, beträgt in der Regel monatlich 860 EUR. Hierin sind bis 375 EUR für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten. Dieser Bedarfssatz kann auch für ein Kind mit eigenem Haushalt angesetzt werden. 

Von dem Betrag von 860 EUR kann bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern nach oben abgewichen werden. 

8. Die Ausbildungsvergütung eines in der Berufsausbildung stehenden Kindes, das im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnt, ist vor ihrer Anrechnung in der Regel um einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf von monatlich 100 EUR zu kürzen. 

9. In den Bedarfsbeträgen (Anmerkungen 1 und 7) sind keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und keine Studiengebühren enthalten. 

10. Das auf das jeweilige Kind entfallende Kindergeld ist nach § 1612 b BGB auf den Tabellenunterhalt (Bedarf) anzurechnen. 

Anhang: Tabelle Zahlbeträge

Die folgenden Tabellen enthalten die sich nach Abzug des jeweiligen Kindergeldanteils (hälftiges Kindergeld bei Minderjährigen, volles Kindergeld bei Volljährigen) ergebenden Zahlbeträge. In 2022 beträgt das Kindergeld für das erste und zweite Kind jeweils 219 EUR, für das dritte Kind 225 EUR und das vierte und jedes weitere Kind jeweils 250 EUR. 

 

 

 

 

 


Zur Dauer des nachehelichen Betreuungsunterhalts

(Mitteilung der Pressestelle des Bundesgerichtshofs Nr. 62/2009 vom 18.3.2009) – Zur Dauer des nachehelichen Betreuungsunterhalts

Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich erstmals mit Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem zum 1. Januar 2008 geänderten Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) zu befassen.

1. Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt. Die seit Januar 2000 verheirateten und seit September 2003 getrennt lebenden Parteien sind seit April 2006 rechtskräftig geschieden. Ihr im November 2001 geborener Sohn wird von der Klägerin betreut. Er besuchte seit 2005 eine Kindertagesstätte mit Nachmittagsbetreuung und geht seit September 2007 zur Schule und danach bis 16:00 Uhr in einen Hort. Die Klägerin ist verbeamtete Studienrätin und seit August 2002 mit knapp 7/10 einer Vollzeitstelle (18 Wochenstunden) erwerbstätig.

Das Amtsgericht hat den Beklagten für die Zeit ab Januar 2008 zur Zahlung nachehelichen Betreuungs und Aufstockungsunterhalt in Höhe von monatlich 837 € verurteilt. Die Berufung des Beklagten, mit der er eine Herabsetzung des monatlichen Unterhalts auf 416,32 € und eine zeitliche Befristung der Unterhaltszahlungen bis Juni 2009 begehrt, wurde zurückgewiesen.

Auf seine Revision hat der Bundesgerichtshof die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

2. Der Bundesgerichtshof hatte über die in Rechtsprechung und Literatur umstrittenen Rechtsfragen zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen dem betreuenden Elternteil eines Kindes Betreuungsunterhalt zusteht und ob dieser Anspruch zeitlich befristet werden kann.

Nach § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.

Mit der Einführung des „Basisunterhalts“ hat der Gesetzgeber dem betreuenden Elternteil die Entscheidung überlassen, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren selbst erziehen oder eine andere Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nehmen will. Ein gleichwohl während der ersten drei Lebensjahre erzieltes Einkommen ist damit stets überobligatorisch. Der betreuende Elternteil kann deswegen in dieser Zeit auch eine schon bestehende Erwerbstätigkeit wieder aufgeben und sich voll der Erziehung und Betreuung des Kindes widmen. Erzielt er gleichwohl eigene Einkünfte, weil das Kind auf andere Weise betreut wird, ist das überobligatorisch erzielte Einkommen allerdings nicht völlig unberücksichtigt zu lassen, sondern nach den Umständen des Einzelfalles anteilig zu berücksichtigen.

Für die Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nach der gesetzlichen Neuregelung nur noch ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt aus Billigkeitsgründen zu (s. o.). Damit verlangt die Neuregelung allerdings regelmäßig keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit. Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kind- und elternbezogenen Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich.

Im Rahmen der Billigkeitsprüfung haben kindbezogene Verlängerungsgründe das stärkste Gewicht. Vorrangig ist deswegen stets der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Betreuung des Kindes auf andere Weise gesichert ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung durch die Eltern gegenüber einer anderen kindgerechten Betreuung aufgegeben hat. Damit hat der Gesetzgeber auf den zahlreichen sozialstaatlichen Leistungen und Regelungen aufgebaut, die den Eltern dabei behilflich sein sollen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können, insbesondere auf den Anspruch des Kindes auf den Besuch einer Tagespflege. In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine solche Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen.

Soweit demgegenüber in Rechtsprechung und Literatur zu der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung des § 1570 BGB abweichende Auffassungen vertreten werden, die an das frühere Altersphasenmodell anknüpfen und eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein vom Kindesalter abhängig machen, sind diese im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht haltbar.

Soweit die Betreuung des Kindes sichergestellt oder auf andere Weise kindgerecht möglich ist, können einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils allerdings auch andere Gründe entgegenstehen, insbesondere der Umstand, dass der ihm verbleibende Betreuungsanteil neben der Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen kann. Hinzu kommen weitere Gründe nachehelicher Solidarität, etwa ein in der Ehe gewachsenes Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung.

3. Diesen gesetzlichen Vorgaben des neuen Unterhaltsrechts trug die angefochtene Entscheidung nicht hinreichend Rechnung. Das Berufungsgericht hat bei der Bemessung der Erwerbspflicht der Klägerin vorrangig auf das Alter des Kindes abgestellt und nicht hinreichend berücksichtigt, dass es nach Beendigung der Schulzeit bis 16.00 Uhr einen Hort aufsucht und seine Betreuung in dieser Zeit auf andere Weise sichergestellt ist. Konkrete gesundheitliche Einschränkungen, die eine zusätzliche persönliche Betreuung in dieser Zeit erfordern, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Ferner hat das Berufungsgericht auch nicht ermittelt, ob die Klägerin als Lehrerin im Falle einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit (26 Wochenstunden) über 16.00 Uhr hinaus arbeiten müsste. Die Billigkeitsabwägung, ob der Aspekt einer überobligationsmäßigen Beanspruchung durch Erwerbstätigkeit und Kindesbetreuung oder durch andere elternbezogene Gründe zu einer eingeschränkten Erwerbsobliegenheit führt, obliegt grundsätzlich dem Tatrichter und kann vom Bundesgerichtshof nur auf Rechtsfehler überprüft werden. Zwar mag die Entscheidung des Kammergerichts im Ergebnis gerechtfertigt sein. Da es indes an den erforderlichen Feststelllungen und der entsprechenden Billigkeitsabwägung durch das Berufungsgericht fehlt, hat der Bundesgerichtshof das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

4. Die vom Beklagten begehrte Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578 b BGB scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung eine Sonderregelung für diese Billigkeitsabwägung enthält und insoweit bereits alle Umstände des Einzelfalles abschließend zu berücksichtigen sind.

Das schließt es aber nicht aus, die Höhe des Betreuungsunterhalts in Fällen, in denen keine ehe- oder erziehungsbedingten Nachteile mehr vorliegen, nach Ablauf einer Übergangszeit zu begrenzen. Im Einzelfall kann dann der von einem höheren Einkommen des Unterhaltspflichtigen abgeleitete Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen auf einen Unterhaltsanspruch nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten herabgesetzt werden. Diese Voraussetzungen lagen hier indes nicht vor, weshalb der Senat die Entscheidung des Kammergerichts, den Unterhalt nicht zusätzlich zu begrenzen, gebilligt hat.
Urteil vom 18. März 2009 XII ZR 74/08
AG Berlin-Pankow/Weißensee – 20 F 5145/06 – Entscheidung vom 29. August 2007
KG Berlin – 18 UF 160/07 – Entscheidung vom 25. April 2008

Karlsruhe, den 18. März 2009

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
Quelle: Pressrelations.de